Acryl und Silikon: die Kunst der Fuge

Alte Fugenfüllungen in Küche und Bad sehen oft nicht mehr gut aus, sie sind obendrein sogar schädlich: vor allem Schimmel gefährdet auf Dauer die Gesundheit. Und wenn eine Fuge undicht wird, kann Feuchtigkeit da hingelangen, wo sie nichts zu suchen hat. Im schlimmsten Fall kann sie Wände und Böden ruinieren. 

Zum Glück ist das Verfugen mit Silikon oder Acryl weder besonders kompliziert noch besonders kostenintensiv. Mit den richtigen Werkzeugen und ein paar Vorabinformationen gelingt diese Arbeit auch dem mutigen Heimwerker – manchmal sogar schon beim ersten Mal.

Wodurch unterscheiden sich Acryl- von Silikonfugen?

Sowohl Silikon als auch Acryl sind Dichtstoffe, die auch nach dem Aushärten elastisch bleiben. Darum werden sie vor allem dort verwendet, wo sich Elemente treffen, die nicht starr zueinander stehen oder liegen. So können sich etwa Wand und Boden, Wand und Arbeitsplatte oder Wand und Duschtasse bzw. Badewanne im Lauf der Zeit aufeinander zu- und voneinander wegbewegen. Dabei geht es oft nur um Bruchteile von Millimetern, aber das reicht schon aus, um eine Fuge reissen oder aufbrechen zu lassen. Und das darf vor allem im Nassbereich nicht passieren.

Silikon und Acryl haben eine ähnliche Beschaffenheit. Bei der Verarbeitung sind es Pasten, und nach dem Trocknen fühlen sie sich ein wenig wie Gummi an. Trockenes Silikon hat eine sehr glatte Oberfläche und behält daher seinen Glanz. Trockenes Acryl sieht dagegen eher matt aus. In feuchtem Zustand ist Silikon sehr klebrig. Es bildet einen Schmierfilm auf den Fingern und lässt sich von Haut oder Kleidung nur sehr schwer entfernen. Feuchtes Acryl kann wie Kaugummi zu kleinen Rollen oder Kugeln geformt werden und lässt sich mit Wasser und Seife leicht abwaschen.

In einer Fuge sollte immer nur ein Dichtstoff verwendet werden, damit keine Übergänge oder Stossflächen entstehen. Ob eine alte Fuge aus Silikon oder Acryl besteht, lässt sich spätestens beim Entfernen der Dichtmasse sicher feststellen. Denn Silikonfugen lassen sich herausziehen wie alte Gummibänder oder -schläuche. Sie sind äusserst dehnbar, und wenn sie unter Zug reissen, federn die beiden Enden sichtbar zurück.

Alte Acrylfugen werden eher Stück für Stück ausgegraben als am Stück herausgezogen: Das Material reisst und bröckelt und zeigt kaum noch Spuren seiner früheren Elastizität. Allerdings ist es viel einfacher, alte Acrylreste vollständig zu entfernen. Die Rückstände alter Silikonfugen können jedoch so hartnäckig sein, dass Hausmittel nicht weiterhelfen. Empfehlenswert sind in diesem Fall spezielle Silikonentferner.

Was sollte im Nassbereich verwendet werden: Silikon oder Acryl?

Beide Dichtstoffe werden im Innen- und Sanitärbereich häufig verwendet. Viele Heimwerker bevorzugen Acryl auch im Nassbereich, weil es sich leichter und angenehmer verarbeiten lässt. Auch der leicht stechende Eigengeruch von essigvernetzendem Silikon ist wenig beliebt, ganz zu schweigen von dem hohen Reinigungsaufwand, der schon durch kleine Schlampereien unweigerlich entsteht. Doch die Profis schwören auf Silikon, wenn die Fugen richtig und dauerhaft dicht sein müssen.

Silikon ist als Werkstoff für Laien längst nicht so bequem. Doch Acryl ist wegen seiner gröberen Struktur, seiner schwächeren Haftkraft und Dehnbarkeit sowie der grundsätzlichen Wasserlöslichkeit nicht die erste Wahl im Badezimmer. Seine Poren schliessen sich auch nach dem Trocknen nicht ganz, die Oberfläche wird nicht völlig glatt wie beim wasserabweisenden Silikon. Darum kann Acryl das Eindringen von Wasser oder Keimen nicht 100%ig sicher verhindern. Zwar kann Acryl, im Gegensatz zu Silikon, problemlos überstrichen werden, doch eine Farb- oder Lackschicht als zusätzliche Oberflächenversiegelung reicht zum perfekten Abdichten einer Dusche oder Badewanne nicht aus.

Früher haben überzeugte Acrylisten gern das Argument ins Feld geführt, Silikon sei aufgrund seiner organischen Anteile besonders anfällig für Schimmel. Tatsächlich finden sich in vielen Altbauten malerisch verrottete Silikonfugen – erkennbar an den typischen Schimmelpünktchen und -flecken unter der Oberfläche, die sich selbst mit starken Reinigungsmitteln nicht entfernen lassen. Moderne Silikonisten verweisen als Antwort auf die zeitgemässen Sanitärsilikone, die einen pilzhemmenden Wirkstoff enthalten.


Silikon ist perfekt für Bad und Küche, wenn es richtig verarbeitet wird. (Bild: © sima – shutterstock.com)

Unterm Strich gilt: Mit Acryl geht alles leichter, weil dieser Werkstoff auch gröbere Fehler verzeiht und sich besser korrigieren lässt. Langfristig ist das Ergebnis im Nassbereich schlechter, doch je nach Lage und Breite der Fuge kann es auch auf Dauer völlig ausreichend sein. Silikon ist perfekt für Bad und Küche, wenn es richtig verarbeitet wird. Es ist allerdings auch perfekt für die ganz grosse Sauerei und riesigen Ärger beim Putzen und Nacharbeiten, wenn beim Verfugen etwas schiefläuft.

Wer beides will, auf Nummer sicher gehen und seine Nerven schonen, sollte also Silikon verwenden – und vorher lernen und wenigstens einmal geübt haben, wie man damit eine saubere Fuge zieht. Das sieht nämlich nur bei denen kinderleicht aus, die es schon können. Für Anfänger ist es viel schwieriger, als sich die meisten das vorgestellt haben. Das Musikwerk „Die Kunst der Fuge“ von Johann Sebastian Bach ist zwar unvollendet geblieben, doch einen solchen Luxus kann sich eine Badezimmerfuge nicht leisten.

Vorbereitungsarbeiten

Die Fuge muss immer ein wenig breiter sein als der Spalt. So kann sich die Dichtmasse über die Spaltränder legen, und die Fuge wird optimal dicht. Als Faustregel gilt: Eine normal belastete Fuge sollte etwa zweieinhalbmal so breit sein wie der Fugenspalt. Ist der Spalt also 5 Millimeter breit, muss die fertige Fuge zwischen 12 und 13 Millimeter breit sein.

Es gibt ein Spezialwerkzeug, das das Herauslösen alter Silikonfugen erleichtert. Dieser Fugenkratzer wird wegen seiner Form auch Fugenhai genannt. Für die Rückstände eignet sich der bereits erwähnte chemische Silikonentferner. Schimmel auf den Untergründen muss vor dem Neuverfugen restlos entfernt werden. Das Schimmelreinigungsmittel muss dazu eine Weile einwirken, also die Anweisungen auf der Packung beachten.

Handelsübliches Sanitärsilikon enthält in der Regel einen Schimmelblocker. Vorsicht bei Billigprodukten: Im Zweifelsfall weiss das Fachpersonal Bescheid. Es ist ratsam, bei der Kartuschenpresse nicht zu sparen und sich für ein stabiles Modell aus Metall zu entscheiden.

Die Feinarbeit: Fugen regelmässig ziehen und glätten

Fugenränder abkleben. Die Spritztülle der Kartusche schräg abschneiden. Mit der Kartuschenpresse pumpen, bis Widerstand fühlbar wird, dann die Spitze am Anfang der Fuge ansetzen. Mit konstantem Druck und langsam arbeiten, um die Fuge gleichmässig zu füllen. Bei sehr breiten Fugen kann die Dichtmasse in Schlaufen eingebracht werden.

Fugenglätter aus dem Fachhandel erleichtern dem Laien das Formen und gleichzeitige Glattziehen der Fuge – den kniffligsten Teil dieser Arbeit, die meist Übung erfordert, da es wenig Naturtalente gibt. Die kleinen, elastischen Glättwerkzeuge sind im Baumarkt erhältlich, meist im Set für verschiedene Fugenbreiten und -formen.

Viele Profis glätten Fugen schwungvoll mit dem in Spülmittel bzw. Seifenlauge getunkten Daumen oder Zeigefinger und schwören auf diese Methode. Damit es klappt, müssen folgende Regeln beachtet werden:

  • Nicht an Spülmittel sparen, damit der Finger über das Silikon gleiten kann. Bleibt die Haut daran kleben, reisst die Fugenoberfläche auf.
  • Nicht in die Fuge drücken, sonst reisst sie oder der Dichtstoff quillt seitlich heraus.
  • Es sollte beim ersten Mal klappen. Nacharbeiten erhöhen das Risiko, Spülmittel in die Oberfläche einzuarbeiten oder sie auf andere Art zu verschlechtern.
  • Schönheitsfehler beim ersten Versuch sind nicht so schlimm wie Oberflächenverletzungen bei der Nacharbeit. Immer daran denken: Dicht ist Pflicht, Ästhetik ist Kür.


Fazit: Wenn alte Fugen undicht oder schimmelig sind, sollten sie repariert oder komplett erneuert werden. Wer nicht rechtzeitig Abhilfe schafft, gefährdet seine Gesundheit und riskiert teure und missliebige Folgeschäden. Richtiges Verfugen ist kein Kinderspiel, aber machbar – mit der richtigen Vorbereitung und ein wenig Übung.

 

Oberstes Bild: © Lilyana Vynogradova – shutterstock.com

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Mehr zu Christian Praetorius

Christian Praetorius, Jahrgang 1969, gelernter Controller und Logistiker mit jahrelanger Berufserfahrung. Seit 2012 gemeinsam mit seiner Frau Christine als freier Texter und Autor selbständig, erfolgreich und glücklich. Seine Kunden schätzen ihn für klare Worte, originelle Slogans und kreative Wortspiele ebenso wie für seine absolute Zuverlässigkeit und Kundenorientierung. Schreibt aus Berufung und mit Leidenschaft für die Sprache, die Botschaft und den Leser.

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