Bakelit – Rohstoff der modernen Alltagskultur

Preisfrage: Welches ist das vorherrschende Werkmaterial des 20. Jahrhunderts? – Korrekt, Kunststoff. Nächste Frage: Welches ist der erste vollsynthetische Kunststoff, der in industrieller Grossauflage produziert wurde? – Fragende Gesichter unter den Jüngeren. Vielleicht PVC? – Nein, falsch. Bei den Älteren, die in den 50ern grossgeworden sind, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: Bakelit! Genau! Bakelit ist ein Kunstharz und wurde 1905 von dem belgischen Chemiker Leo Hendrik Baekeland entwickelt – im selben Jahr wie die Relativitätstheorie.

Aus der Reihe: Grosse Erfindungen

Bakelit ist der Urstoff der modernen Alltagskultur. Materialien wie Elfenbein oder Edelhölzer waren im 19. Jh. für einen Grossteil der Bevölkerung nicht erschwinglich. Daher suchte man nach Ersatzstoffen, die diese edlen Materialien imitieren konnten und für die Masse bezahlbar waren. Als Baekeland zu Beginn des 20. Jh. in Experimenten mit Phenolen und Formaldehyd feststellte, dass sich daraus eine wandlungsfähige Kunstharzmasse herstellen lässt, die in Formen gepresst und durch Wärme und Druck gehärtet werden kann, war die Lösung gefunden. Bis in die 60er Jahre hinein wurden zahlreiche Gebrauchsgegenstände aus Bakelit hergestellt. Ob Föhn, Aschenbecher, Telefon oder Thermosflasche, überall war der robuste Kunststoff verbaut.

Baekeland war kein Zauberer, sondern eher Kompositeur. Er erfand nicht die Formel, sondern bestimmte die genaue Dosierung der „Zutaten“ sowie die exakten Werte für Druck und Hitze. 1907 erhielt Baekeland das Patent für dieses Verfahren. Der Name des Kunststoffes ist eine Zusammensetzung aus Baekelands Nachnamen und dem griechischen Wort für Stein, lithos.


Radiogerät mit Bakelit-Gehäuse mit charakteristischer Marmorierung. (Bild: Sergio Schnitzler / Shutterstock.com)


Erste Anwendung

Leo Baekeland war Ende des 19. Jh.s nicht der erste, der versuchte, einen Stoff zu entwickeln, der sich metamorph allen Formen und Funktionen anpassen konnte. Doch er war der Erfolgreichste. Sein Bakelit – robust, nicht brennbar und gut isolierend – kam der aufstrebenden Elektroindustrie wie gerufen, denn es eignete sich hervorragend für Ummantelungen, Schalter, Fassungen und Leiterplatten. 1910 gründete Baekeland in den USA die «General Bakelite Company» – der Beginn der grossindustriellen Produktion des Stoffes.



Prachtstücke – Alltagsgegenstände aus Bakelit

Als 1927 das Patent auslief, breitete sich die Bakelit-Produktion rasch aus. Nun wurden Alltagsgegenstände aller Art aus diesem Kunststoff hergestellt: Lampen, Fotoapparate, Radios, Griffe von Rasiermessern und Pfannen, ja selbst Schmuck wurde aus Bakelit geformt. Meist besassen die Fabrikate eine charakteristische Marmorierung und schimmerten in Mattschwarz, Grünschwarz, Braunschwarz oder einem sehr dunklen Rot. Das noch bis 1960 produzierte bekannte Bakelit-Telefon W48 von Siemens ist heute ein begehrter Sammel-Klassiker.

Aktuell wird Bakelit nur noch für spezielle Anwendungen eingesetzt, die mechanische und thermische Belastbarkeit und Brandresistenz erfordern wie zum Beispiel Bremsbeläge oder Schleifscheiben.

 

Oberstes Bild: Das bekannte Bakelit-Telefon W48 von Siemens ist heute ein begehrter Sammel-Klassiker. (© Paul Koomen / Shutterstock.com)

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