Aromaträger, Pflege- und Heilmittel: Kräuteröle aus Küchenkräutern

Aromatische Ölmischungen und ätherische Kräuteröle werden sowohl in der Küche als auch zur Schönheitspflege und in der Naturheilkunde eingesetzt. Die Heil- und Wirkkraft heimischer Küchenkräuter wird dabei oft unterschätzt.

Dieser Artikel vermittelt einen Überblick darüber, welche Kräfte in Petersilie & Co. stecken – und wie Kräuteröle mehr Geschmack, Gesundheit und Schönheit ins Leben bringen können.

Wirksubstanzen in Pflanzen

In jeder Pflanze ist eine Vielzahl von Wirkstoffen enthalten. Schon vor langer Zeit hat der Mensch herausgefunden, welche davon ihm nützen und welche für seinen Organismus giftig sind. Dabei hat sich herausgestellt, dass unsere Instinkte, obwohl sie gegenüber denen der Frühmenschen und Tiere verkümmert sind, bei der Nahrungsmittelauswahl prinzipiell gut funktionieren: Ein natürliches (also unverarbeitetes bzw. unvermischtes) Lebensmittel, das uns schmeckt, ist in der Regel auch bekömmlich.

Zu den Warnzeichen, an denen der Mensch eventuell unbekömmliche oder giftige Stoffe erkennen kann, gehören ein übermässig intensiver oder bitterer Geschmack und ungewohnte Geschmackserlebnisse, etwa das deutliche Zusammenziehen der Blutgefässe beim Schmecken bzw. Zerkauen, beissende Schärfe oder eine betäubende Wirkung. Davon hat sich der Mensch bei seinen kulinarischen Entwicklungen und Experimenten aber nicht abschrecken lassen.

Auf seiner langen Reise durch die Zeit entdeckte er immer neue Pflanzenarten, die sich als Gemüse oder Würzkräuter nutzen und kultivieren liessen. Er stellte fest, dass Giftiges in geringen Dosen heilsam sein, angenehme Rauschzustände oder geheimnisvolle Visionen auslösen kann. Er fand heraus, wie verschiedene Geschmäcke und Gerüche einander durch neue Kombinationen neutralisieren oder verstärken, und entwickelte verschiedene Verfahren, um Pflanzenessenzen und Kräuteröle herzustellen.

Die so gewonnenen ätherischen Kräuteröle oder aromatischen Auszüge waren hoch konzentriert und darum wirksamer. Sie liessen sich kontrollierter mischen, waren länger haltbar und konnten besser aufbewahrt und gelagert werden. Verwendung fanden sie in Arzneien und Schönheitsprodukten, etwa Badezusätzen, Salben und Parfüms. Die Aromatherapie, nach deren Grundsätzen Gerüche direkt auf Körper und Psyche einwirken und so auch beim Kurieren schwerer Krankheiten helfen können, gab es bereits im alten Ägypten und in der Antike.

Bei Drogen und Medikamenten der konventionellen Medizin waren Geruch und Geschmack eher Nebensache, denn hier stand und steht die Wirkung im Vordergrund. Und wer ein pflanzliches Gift brauchte, um einen Widersacher oder Nebenbuhler aus dem Weg zu schaffen, setzte nach Möglichkeit auf einen geschmacksneutralen Stoff, um bei seinem Vorhaben nicht aufzufliegen.

In der Küche jedoch ging es schon immer vor allem um den Geschmack und die sinnliche Gesamtästhetik des Essens. Nur dafür treibt der Mensch ein solches Aufhebens um die Zubereitung, Zusammenstellung und Präsentation seiner Nahrung – auch dabei ist er in der Natur ein Einzelfall.



Die alten Vertrauten der kleinen Leute: Rüben und Kräuter

Salz war zeitweise ein sehr teures Gewürz – wer keines hatte, musste sich beispielsweise mit Tannennadeln behelfen. Zucker blieb lange Zeit den Wohlhabenden vorbehalten. Pfeffer und viele andere orientalische und exotische Gewürze gelangten erst spät nach Europa und in die Küchen der Normalbevölkerung. Doch was hierzulande schon immer gut wuchs, waren traditionelle Küchenkräuter wie Petersilie, Beifuss, Schnittlauch, Thymian, Salbei, Estragon, Rosmarin und Pfefferminze. Damit lässt sich eine Mahlzeit fein abschmecken und abstimmen, so dass die Grundzutaten auch ohne oder mit wenig Salz würzig und harmonisch schmecken.

Ätherische Kräuteröle, wie sie den adligen Damen und Herren, Alchimisten, Forschern, Ärzten und Apothekern zur Verfügung standen, konnte sich die arme Bevölkerung nicht leisten. Denn je nach Pflanzenart sind zur Destillation der reinen Kräuteröle riesige Mengen Rohmaterial erforderlich, zum Beispiel Hunderte Kilo getrockneten Pflanzenmaterials für einen einzigen Liter des ätherischen Öls. Doch jede Hausfrau konnte (und kann) erschwinglichere und gebräuchliche Fette, etwa Schweineschmalz, Butter, Hühnerfett, Sonnenblumen- oder Olivenöl, mit Küchenkräutern aromatisieren und sich so Würzöle für den Hausgebrauch herstellen.

Die hervorragenden Auszugseigenschaften von Fett werden bis heute in der Parfüm- und Kosmetikindustrie genutzt, um konzentrierte Duft- und Wirkstoffe aus Pflanzen zu gewinnen. Das Fett zieht die Aromen aus der Trägersubstanz und speichert sie. Mithilfe von Alkohol können sie dann wieder aus dem Fett herausgelöst werden. Auch die sogenannte Heisswasserdestillation ist ein altes und heute noch gängiges Verfahren zur Gewinnung hochwertiger und naturreiner Kräuteröle.


Jede Hausfrau kann Würzöle für den Hausgebrauch herstellen. (Bild: Oksana Shufrych – shutterstock.com)

Von der Magie der Küchenkräuter

Die schönsten und kräftigsten Kräuter wachsen nicht im Garten des Königs, sondern im Klostergarten und hinter dem Hexenhaus. Das ist nicht nur in Märchen so, sondern war auch im echten Leben ähnlich. Man muss nur Hexe durch Kräuterfrau ersetzen – oft waren es ältere und unverheiratete Frauen, die sich mit Kräutern besonders gut auskannten. Manche bereiteten und verkauften neben gebräuchlichen Tee-, Heil- und Würzkräutern auch Kräuteröle und Mischungen, die ihre Kunden vorzugsweise im Geheimen anwendeten, zum Beispiel Liebestränke, Rausch- und Potenzmittel oder Kräuterpräparate zum vorzeitigen Auslösen von Wehen, wenn eine unehrbare Schwangerschaft unauffällig beendet werden sollte.

Auch Nonnen und Mönche, die ebenfalls kinderlos und oft zurückgezogen lebten, hatten aufgrund ihres klar strukturierten Lebens und weitgehend sicheren Aufenthaltsortes viel Zeit und Möglichkeiten, sich der Kräuterkunde zu widmen. Viele Klöster waren berühmt für ihre Spezialrezepte – das konnten je nach Zeit und Umständen heilsame oder aphrodisierende Kräuteröle sein, leckere Hechtsuppen, kunstvolle Mehlspeisen, nahrhaftes Brot oder wundersame Elixiere zur Austreibung von Dämonen oder schnelleren Wiederherstellung der im Krieg verwundeten Soldaten.

Dass und wie die Kräuter wirkten, war bekannt, denn man konnte es beobachten und am eigenen Leib erfahren. Doch die genauen Wirkmechanismen, von denen etliche bis heute noch nicht genau geklärt sind, lagen für Produzenten, Ärzte und Patienten in der Regel gleichermassen im Dunkeln. Folglich wurden sie oft mit Magie erklärt bzw. in Zusammenhang gebracht. Dabei spielte nicht zuletzt die Tatsache eine grosse Rolle, dass manche Kräuter nicht nur die Organfunktionen beeinflussen, sondern auch Psyche und Verhalten eines Menschen verändern können.

Je nach ihren Inhaltsstoffen können Kräuteressenzen und Kräuteröle in bestimmten Dosen eine betäubende, euphorisierende, halluzinogene oder psychedelische (aus dem Griechischen: die Seele öffnende) Wirkung entfalten. Das Wirkspektrum der pflanzlichen Drogen ist von Natur aus bereits sehr gross und wird durch neue Kombinationen, Laienexperimente und moderne Herstellungsverfahren der Pharmaindustrie stetig erweitert. In jeder Kultur wurden und werden etliche davon aufgrund ihrer bewusstseinsverändernden Eigenschaften therapeutisch, rituell, aus Neugier und zum Spass angewendet – und Kräuter, die nach Meinung des Gesetzgebers der Öffentlichkeit mehr schaden als nützen, werden verboten.


Die schönsten und kräftigsten Kräuter wachsen in Klostergärten. (Bild: Tom Gowanlock – shutterstock.com)

Exkurs: vier magische Küchenkräuter von Scarborough Fair

Das englische Volkslied „Scarborough Fair“ ist vor allem durch die Version von Paul Simon und Art Garfunkel weltberühmt geworden. Es gehört zu den schönsten und beliebtesten Songs von Simon and Garfunkel, obwohl die beiden Künstler dieses Lied gar nicht selbst komponiert, sondern nur interpretiert haben.

„Scarborough Fair“ ist ein sehr altes Volkslied. Niemand weiss, wie alt es genau ist und wer es ursprünglich komponiert hat. Es hat so viele Strophen, dass kaum jemand sie alle singt – auch Simon and Garfunkel haben sich einfach einige davon ausgesucht und die anderen weggelassen. Melodie und Musik wirken wie traumverloren, so süss wie traurig – und das Geheimnisvollste und Romantischste an „Scarborough Fair“ ist der Text.

Im Lied bittet der Sänger den Zuhörer darum, er möge seine Freundin oder Liebste, die am Markt von Scarborough lebt, an ihn erinnern und ihr verschiedene Aufgaben überbringen. Erst wenn sie die erfüllt habe, könne sie seine wahre Liebe sein. Immer wieder zwischen den einzelnen Zeilen des Liedes werden die Namen von vier Küchenkräutern – Petersilie, Salbei, Rosmarin und Thymian – wie eine Beschwörungsformel gesungen: parsley, sage, rosemary and thyme.


Parsley (Petersilie), sage (Salbei), rosemary (Rosmarin) und thyme (Thymian). (Bild: Franz Eugen Köhler, Wikimedia, public domain)

Die Sache hat allerdings einen Haken: Die Aufgaben sind allesamt unerfüllbar. So soll die Liebste des Sängers ein Stück Land zwischen dem Schaum und dem Sand des Meeres finden, es mit dem Horn eines Lammes pflügen, mit einem Pfefferkorn besäen und die Ernte mit einer ledernen Sichel einbringen. Auch möchte der Sänger, dass sie ihm ein Hemd ohne Nadelstiche und Säume näht und es dann in einem trockenen Brunnen wäscht – in einem Land, in dem es noch niemals geregnet hat.

Einzig die letzte Strophe des Liedes lässt Raum zu der versöhnlichen Annahme, dass der Sänger das alles doch eher metaphorisch meinen könnte: Falls die Liebste die Aufgaben nicht erfüllen kann, dann soll sie ihm wenigstens sagen, dass sie es versucht hat. Vor allem will er also wissen, wie stark ihre Liebe ist – und hofft bei Petersilie, Salbei, Rosmarin und Thymian, sie möge stark genug sein, um ein ganzes Leben lang zu halten.



Ätherische Kräuteröle aus Salbei, Petersilie, Thymian und Rosmarin

Die vier Küchenkräuter, bei denen die Kraft der Liebe in „Scarborough Fair“ beschworen wird, sind schöne Beispiele, an denen sich erklären lässt, wie wirksam gängige Kräuter sind, wenn ihre Kraft und ihr Aroma in den ätherischen Ölen gebündelt ist.

Die in der folgenden Aufzählung beschriebenen unerwünschten Nebenwirkungen können vor allem dann auftreten, wenn die entsprechend hoch konzentrierten Kräuteressenzen in hohen Dosen innerlich angewendet werden. Die Verwendung aromatisierter Küchenöle, die durch das Einlegen von Kräutern hergestellt werden, ist hingegen unbedenklich. Hierzu werden vor allem die Blätter, Stängel und Blüten der Pflanzen verwendet, in denen nur geringe Mengen der ätherischen Öle enthalten sind. Dasselbe gilt für den Verzehr selbst gemachter Kräuterbutter.

1. Petersilienöl

Die Petersilie trägt den botanischen Namen Petroselinum crispum. Sie gehört zu den Doldenblütlern und ist ursprünglich aus dem Mittelmeerraum in die Schweiz und nach Nordeuropa gekommen. Sie zählt zu den beliebtesten Würzkräutern und wird daher nicht nur auf Fensterbänken und in Küchengärten, sondern auch im grossen Stil industriell angebaut.

Wie viele andere Kräuteröle wird auch das ätherische Öl der Petersilie durch Wasserdestillation gewonnen. Da in den Blättern der Petersilie vergleichsweise wenig ätherisches Öl enthalten ist, werden dazu vor allem die Wurzeln, aber auch Samen und Früchte der Pflanze verwendet. Das fertige Petersilienöl riecht sehr kräftig, frisch und würzig – und logischerweise extrem nach Petersilie, weshalb es in Kosmetika, Parfüms und Mischungen zur Raumbeduftung gewöhnlich nicht verwendet wird.

In ätherischem Petersilienöl ist Apiol enthalten, ein Wirkstoff, der in hohen Dosen die Tätigkeit der glatten Muskulatur stark anregt und auch toxisch wirken kann. Kräuteröle mit einem hohen Anteil an Petersilienöl gehörten früher als Abtreibungsmittel zu den im Geheimen nachgefragten und gefährlichen Essenzen: Die Einnahme in der Schwangerschaft kann verfrühte Wehen auslösen und so zu einer Fehlgeburt führen. Darum sollen werdende Mütter kein Petersilienöl verwenden.

Das ätherische Öl der Petersilie wirkt harntreibend und wird in der Naturheilkunde daher zur unterstützenden Therapie bei akuten und chronischen Beschwerden der Nieren und der Blase verwendet. Es hilft beim Ausschwemmen von Krankheits- und Entzündungserregern über den Urin. Eine Überdosierung von ätherischem Petersilienöl kann jedoch kurzfristig Halluzinationen, Kreislaufbeschwerden, Durchfall und Herzrhythmusstörungen auslösen und langfristig die Leber schädigen.

Die Nahrungsmittelindustrie verbraucht grosse Mengen Kräuteröle, darunter auch Petersilienöl, zum Würzen und Veredeln von Fertiggerichten und zum Anreichern und Abschmecken von Saucen, Dressings und Würzmischungen. Zur Herstellung von einem Liter Öl werden 350–400 Kilogramm Petersilie verarbeitet.


Das ätherische Öl der Petersilie wird durch Wasserdestillation gewonnen. (Bild: Comugnero Silvana – fotolia.com)

2. Salbeiöl

Auch Salbei (botanischer Name: Salvia) hat seine ursprüngliche Heimat im Mittelmeerraum, fühlt sich aber fast überall auf der Welt wohl. Sein Name kommt von dem lateinischen Wort salvare (= heilen). Der ganz normale Küchensalbei (Salvia officinalis) schmeckt nicht nur gut, sondern ist eine starke und seit Langem bekannte Heilpflanze. Er wirkt entzündungshemmend, desinfizierend und adstringierend (zusammenziehend) auf die Gefässe und kann daher in der Medizin sehr vielseitig angewendet werden.

Salbeitee, morgens und abends getrunken oder als Fussbad verwendet, ist ein natürlicher Schweisshemmer und mit Sicherheit gesünder als Deos und Antitranspirantien mit Aluminiumsalzen. Auch bei Insektenstichen, Halsschmerzen, Erkältungskrankheiten und Verdauungsbeschwerden tut Salbeitee gut. Salbeibonbons werden als Hustenstiller und Mittel gegen Heiserkeit geschätzt, und Zahnärzte empfehlen Spülungen mit Salbei zur Vorbeugung und unterstützenden Behandlung von Zahnfleischproblemen.

Aus 30–120 Kilogramm Salbei lässt sich ein Liter ätherisches Salbeiöl gewinnen. In der Aromatherapie und bei Wellness-Anwendungen werden Kräuteröle mit Salbeiduft zur Stimmungsaufhellung, Harmonisierung und Anregung der Kreativität eingesetzt. Zu den vielen wirksamen Bestandteilen in reinem Salbeiöl gehören unter anderem Kampfer, Menthol, Gerbsäure, Salicylsäure, Zink, Vitamine, Saponine und Stoffe, die dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähneln. Wie Wermut und damit hergestellte Absinthsorten enthält Salbei auch Thujon, einen Stoff, um dessen Wirkung sich etliche Legenden ranken.

Eine starke Überdosierung von Salbeiöl kann bei Epileptikern Anfälle auslösen, bei Menschen mit Bluthochdruck das Beschwerdebild verschlechtern und langfristig sogar zu Nervenschäden führen. Schwangere und Stillende sollten kein reines Salbeiöl einnehmen und generell vor der Anwendung ätherischer Kräuteröle immer den Hausarzt oder Frauenarzt fragen.


Salbeiöl wirkt entzündungshemmend und desinfizierend. (Bild: Tolikoff Photography – shutterstock.com)

3. Rosmarinöl

Rosmarinus officinalis, so der botanische Name des Rosmarins, ist eine der ältesten dem Menschen bekannten Heilpflanzen. Er stammt ebenfalls aus dem Süden Europas, gedeiht aber auch gut in kälteren Regionen. Sein Name ist abgeleitet vom lateinischen ros marinus (= Tau des Meeres), weil die Pflanze feuchte Böden schätzt und an den Hängen des Mittelmeers üppig wuchs. In der Antike wurde Rosmarin als Heilpflanze und Schönheitsmittel hoch verehrt. Er galt als heilige Pflanze.

Ätherisches Rosmarinöl wird mittels Wasserdampfdestillation aus den blühenden Pflanzen gewonnen. Rund 50 Kilogramm der nadelartigen Blätter ergeben einen Liter des stark duftenden Öls, das wegen seiner durchblutungsfördernden und antiseptischen Wirkung vor allem zur äusserlichen Anwendung empfohlen wird. So helfen Massage- und Kräuteröle mit Rosmarin, Haut und Muskeln nach dem Sport oder nach schwerer körperlicher Arbeit zu erfrischen, Muskelkater vorzubeugen und Verspannungen zu lindern. Einreibungen vor dem Training machen Muskulatur und Gewebe geschmeidig und verstärken die gewünschte Durchwärmung beim Warm-up.

In der Naturheilkunde wird Rosmarinöl zur Linderung von Magen- und Darmkrämpfen, Menstruationsbeschwerden, Erkältungssymptomen, depressiven Verstimmungen und zu niedrigem Blutdruck eingesetzt. Auf der Haut hilft es bei der Behandlung von Pilzinfektionen, Juckreiz und Wundheilungsstörungen sowie bei der Bekämpfung von Hautparasiten. Aromatherapeuten setzen auf den erfrischenden und kräftig tonisierenden Rosmarinduft und empfehlen ihn zur besseren und schnelleren Mobilisation der inneren Ressourcen. Rosmarin ist in Kölnisch Wasser sowie vielen klassischen und modernen Männerdüften enthalten.

Die Einnahme grosser Mengen ätherischen Rosmarinöls kann zu übermässiger Euphorie, nervöser Unruhe, Herzrasen, Schweissausbrüchen und Kreislaufproblemen führen. Vor allem im ersten Trimenon der Schwangerschaft ist Rosmarinöl mit Vorsicht zu geniessen, da es die Gebärmuttertätigkeit anregt und zu vorzeitigen Wehen führen kann. Kinder, epilepsiegefährdete Personen und Menschen mit chronischen Hautkrankheiten (z. B. Neurodermitis oder Schuppenflechte) sollten ebenfalls kein reines Rosmarinöl verwenden.


Rosmarinus officinalis ist eine der ältesten dem Menschen bekannten Heilpflanzen. (Bild: Angel Simon – shutterstock.com)

4. Thymianöl

Thymian (Thymus vulgaris) ist ein fester Bestandteil der Mittelmeerküche und auch in der beliebten Würzmischung „Kräuter der Provence“ enthalten. Für die Küchengärten Europas gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Thymianarten, darunter Zitronenthymian, der sich mit seinem kräftigen Zitrusaroma auch perfekt zum Abschmecken von Grillmarinaden eignet.

Im antiken Griechenland trugen Soldaten, die in die Schlacht zogen, oft einen Kranz aus Thymian auf dem Kopf. Thymus ist das alte griechische Wort für Mut – die robuste, aromatische Pflanze war ein gängiges Symbol für Tapferkeit und Zuversicht. Im 11. Jahrhundert brachten reisende Mönche das duftende Kraut auch in die nördlichen Länder Europas mit. In den Klostergärten gedieh er hervorragend, und bald war er in allen Bevölkerungsschichten wegen seiner Würz- und Heilkraft beliebt. Eine der ersten, die Thymian als Heilmittel beschrieb, war Hildegard von Bingen.

Um per Wasserdampfdestillation einen Liter ätherisches Thymianöl herzustellen, braucht man zwischen 150 und 200 Kilogramm blühende Thymianpflanzen. Thymianöl wirkt hustenstillend und ist darum gängiger Bestandteil vieler natürlicher Erkältungsarzneien. Kräuteröle oder spezielle Erkältungssalben mit Thymianöl können zur Einreibung, Inhalation oder als Badezusatz verwendet werden.

Die in Thymian enthaltenen ätherischen Öle wirken reinigend, schleimlösend, keimtötend und beruhigend auf die Atemwege. Daher ist das Kraut ein echter Wohltäter bei Schnupfen, Reizhusten, Bronchitis und fiebrigen grippalen Infekten. Überdies regt Thymianöl den Appetit und die Verdauung an. Es kann die Rekonvaleszenz unterstützen und nach einer überstandenen Krankheit helfen, schneller wieder zu Kräften zu kommen.

In der Aromatherapie wird Thymian bis heute mit Mut, Kraft und Optimismus assoziiert. Sein starker, belebender Duft soll das Selbstbewusstsein stärken, Erschöpfungszuständen vorbeugen sowie den Willen und die Entscheidungskraft stärken. Als Massageöl oder Badezusatz ist unverdünntes Thymianöl nicht geeignet: In zu hoher Konzentration führt es häufig zu Hautirritationen. Besser sind hier die fertigen Mischungen aus der Apotheke oder Drogerie.

Wird Thymianöl über einen längeren Zeitraum hinweg eingenommen, belastet es die Leber so stark, dass sie bleibenden Schaden davontragen kann. Zu den Kontraindikationen (Gegenanzeigen) gehören hoher Blutdruck und Schwangerschaft – wobei letztlich immer der Arzt entscheiden sollte, ob und unter welchen Umständen die entsprechenden Kräuteröle oder Naturheilmittel empfehlenswert sind oder nicht.

Zwei weitere Zauberkräuter des Alltags sind Pfefferminze und Dill – Pfefferminze, weil sie buchstäblich in aller Munde und eins der schönsten Unkräuter ist, und Dill, weil er so zart aussieht und sein Geruch sich besonders schwer beschreiben oder mit dem anderer Kräuter vergleichen lässt. Darum sollen diese beiden Würz- und Heilpflanzen und ihre Kräuteröle auch noch einen Platz in dieser Aufzählung bekommen.


In der Aromatherapie wird Thymian mit Mut, Kraft und Optimismus assoziiert. (Bild: fortyforks – fotolia.com)

5. Pfefferminzöl

Pfefferminze und das darin enthaltene Öl sind in vielen alltäglichen Produkten enthalten: in Zahnpasten, Kaugummis, Lutschbonbons, Waschlotionen, Duschgels sowie Haut- und Haarpflegeprodukten zur Anregung oder Kühlung. Jeder weiss, wie Pfefferminzöl riecht, und fast jeder liebt seinen frischen Duft und seine prickelnde, belebende Wirkung.

Das klassische Pfefferminzöl, das auch unter dem Namen japanisches Heilpflanzenöl bekannt ist, wird aus der japanischen Ackerminze gewonnen. Beliebt im heimischen Kräutergarten ist jedoch vor allem die türkische bzw. marokkanische Minze mit ihren hellgrünen Blättern, aus denen sich durch Übergiessen mit kochendem Wasser ein wunderbarer Tee zubereiten lässt. Die robuste Schwarzminze (Spearmint) ist ebenfalls eine hervorragende Teepflanze. Sie wächst besonders schnell und hat überdies den Vorteil, dass sie sich im Garten oder auf dem Balkon wie Unkraut ausbreitet. Sobald sie sich einmal eingelebt hat, geht dem Gärtner nie mehr der Minzvorrat aus.

Inzwischen gibt es in Gärtnereien und Gartenmärkten jede Menge lustiger Minzsorten, die allesamt winterhart und in der Pflege anspruchslos sind. Varianten wie Schokominze, Ananasminze, Erdbeerminze, Colaminze oder Orangenminze bereichern grosse und kleine Gärten mit ihrem Duft und ihren zarten Blüten und wecken die Experimentierfreude beim Backen, Kochen und Garnieren. In der orientalischen Küche werden viele würzige Reis-, Fleisch- oder Couscousgerichte mit feingehackten Minzblättern abgeschmeckt, und gefrorene Minzspitzen sind eine tolle Dekoration für Desserts oder Cocktails.

In der Aromatherapie wird vor allem Minzöl aus englischen Pflanzenkreuzungen verwendet. Pfefferminzaromen und Kräuteröle mit Pfefferminze wirken klärend, erfrischend, krampflösend und befreiend auf den gesamten Organismus. Das Menthol, wichtigster Bestandteil des ätherischen Pfefferminzöls, ist durchblutungs- und verdauungsfördernd, schweisstreibend, entgiftend, antibakteriell, entzündungshemmend und schmerzlindernd. Es erleichtert das Durchatmen bei Erkältungen, hilft gegen Kopfweh und lindert den Juckreiz und die Schwellung bei Insektenstichen.

Ätherisches Minzöl besteht zu rund 60 % aus Menthol. 100–150 Kilogramm Pflanzenmaterial sind nötig, um einen Liter Minzöl zu gewinnen. Kleinkinder, Pollenallergiker und Menschen, die sich gerade einer homöopathischen Behandlung unterziehen, sollten das starke Pfefferminzöl nicht verwenden. Es ist auch keine gute Idee, bei Erkältungen unverdünntes Pfefferminzöl ins Badewasser zu geben: Schon wenige Tropfen überziehen die gesamte Wasseroberfläche mit einem feinen Ölfilm, der sich spätestens beim Austeigen überall auf die Haut legt und sie stark abkühlt. Eine Inhalationsanwendung ist zur Linderung von Atemwegsbeschwerden besser geeignet.


Pfefferminzaromen und Kräuteröle mit Pfefferminze wirken klärend und erfrischend. (Bild: Comugnero Silvana – fotolia.com)

6. Dillöl

Dill passt zu Fisch und zu Gurkensalat, das weiss ja jeder. In der traditionellen Frankfurter Grünen Sosse hat er nichts verloren, was viele nicht wissen. Allerdings schadet es auch nicht, wenn er trotzdem drin ist. Seinen Namen hat er von dem nordischen Wort Dilla (= Erholung oder Pause). Dill ist das Pausenkraut – vielleicht deswegen, weil der Tee aus seinen Blättern nachgewiesenermassen hilfreich bei Schlafstörungen, Rast- und Schlaflosigkeit ist.

Die Pharaonen im alten Ägypten liessen sich Dillzweige mit ins Grab legen, um von deren Duft ins nächste Leben begleitet zu werden. Im Europa des Mittelalters galt Dill als Liebeskraut und wurde manchmal auch in einem kleinen Beutel am Körper getragen, um Hexenwerk abzuwehren und den bösen Blick zu bannen. Im antiken Griechenland und alten Rom behandelten Ärzte Verbrennungen und Wunden mit Dillöl. Von einer Dillöleinreibung vor der Schlacht erhofften sich die Soldaten Schutz vor Verletzungen und starkem Blutverlust.

Drei Tropfen Dillöl, gelöst in lauwarmem Wasser und mit einem Löffel Honig gesüsst, fördern die Verdauung nach einem schweren oder reichhaltigen Mahl, lindern Blähungen und Sodbrennen und erleichtern das Einschlafen. Auch äusserlich wird Dillöl zur Verdauungsstärkung angewendet: Massage- und Kräuteröle für Babys und Kinder enthalten oft Dill, der in Verbindung mit einer leichten Bauchmassage Krämpfe und Koliken lösen kann. Heilpraktiker empfehlen warme Sitzbäder mit einigen Tropfen Dillöl bei Menstruationsbeschwerden.

In der Kräuterküche verzaubert und verfeinert Dillöl schon in kleinsten Mengen Salatdressings, Suppen und Saucen. Und natürlich passt Dill nicht nur zu Fisch und Gurken, sondern auch wunderbar zu Kartoffeln, Zucchini, Lammfleisch, Ragouts und Frikassees aller Art. Ausserdem hat er einen festen Platz in der vegetarischen Küche: Sein Aroma rundet vegetarische und vegane Spezialitäten wie Getreide- und Sojabratlinge perfekt ab.

Wer gern Kräuter einlegt und Kräuteröle selbst herstellt, kann Dillöl kaufen und als Aromaträger mit gebräuchlichen Speiseölen mischen. Ein Stängel Dillkraut in der Kräuterölflasche sieht zwar wunderschön aus, wird jedoch vergleichsweise wenig Geschmack an das Trägeröl abgeben. Die zarten Blätter enthalten kaum ätherisches Öl, darum sind zur Ölherstellung auch solche Mengen davon erforderlich.


In der Kräuterküche verfeinert Dillöl Salatdressings, Suppen und Saucen. (Bild: cyclonebill, Wikimedia, CC)

Fazit

Es ist ganz einfach, den Zauber der Küchenkräuter am heimischen Herd oder beim Grillen im Garten für sich zu entdecken. Die meisten Kräuter lassen sich sehr gut auch in kleinen Töpfen kultivieren und überstehen selbst härtere Winter im Freien. Doch nicht nur für moderne Kräuterhexen ist es interessant zu wissen, welche Kräfte die hoch konzentrierten ätherischen Kräuteröle entfalten können. Meist stecken Hunderte Kilo Pflanzenmaterial in jedem einzelnen Liter Öl – und darum können schon wenige Tropfen nicht nur nützliche, sondern auch gefährliche Effekte auf den Organismus haben.



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Oberstes Bild: © Daniel Korzeniewski – shutterstock.com

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Mehr zu Christine Praetorius

Christine Praetorius, Jahrgang 1971, spricht und schreibt über Neues, Altes, Schönes und Kurioses. Ich liebe Sprache und Musik als die grössten von Menschen für Menschen gemachten Freuden – und bleibe gerne länger wach, um ihnen noch etwas hinzuzufügen. Seit 2012 arbeite ich mit meinem Mann Christian als freie Texterin, Autorin und Lektorin.

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