Eigenwillig verwendete Möbel machen das Interieur interessant
VON Olaf Hoffmann Wohnart
Ein Streifzug durch eine Anzahl Schweizer Wohnungen hat es ans Licht gebracht: Die Schweizer schmücken ihre Häuser und Wohnungen nicht nur mit klassischen oder zeitgemässen Möbeln. Bei Schränken, Tischen, Stühlen, Sofas, Sesseln, Regalen und Betten trifft man auf Möbel, die eigentlich gar keine sind …
Das klingt zunächst etwas waghalsig und eigenwillig, wird aber deutlich, wenn wir in den folgenden Abschnitten einmal genauer hinschauen, was der Schweizer ausser den klassischen Möbeln so alles in seine eigenen vier Wände stellt.
Ein alter Schatz – die Nähmaschine
Dann handelt es sich meist um Nähmaschinen älterer Bauart, die entweder auf robusten Eisengussgestellen im Industriedesign des 19. Jahrhunderts bezaubern oder um Modelle, die sich dezent in einem Schränkchen verbergen. Allerdings ist dann dieser Schrank, sofern die Nähmaschine noch vollständig integriert ist, zu nichts anderem zu gebrauchen als eben als Nähmaschinenschrank.
Für viele, vor allem gut verdienende Schweizer sind diese Erbstücke oder Findlinge vom Trödelmarkt ein unverzichtbarer Teil ihrer Ausstattung. Aufgestellt im Flur, im Wohnzimmer oder in anderen Bereichen vermitteln diese Nähmaschinen immer so etwas wie Zuhausesein. Das liegt vielleicht daran, dass Nähen im eigenen Haushalt immer auch etwas mit Sich-Kümmern, Kreativität und Geborgenheit zu tun hat. Erstaunlich ist, dass die meisten Aufsteller solcher alten Schätzchen mit der Nähmaschine selbst gar nicht umgehen können.
Wie wär´s mit einem Phonoschrank?
Phonomöbel sind bis heute gefragt, vor allem dann, wenn moderne Audiotechnik und die entsprechenden Datenträger ein gutes und funktionales Zuhause bekommen sollen. Reden wir hier vom Phonoschrank, dann meinen wir aber eher die oftmals sperrigen Musiktruhen, die aus der Mitte des 20. Jahrhunderts heraus ihren Siegeszug durch viele Schweizer Haushalte genommen haben.
Integriert waren in solche Phonoschränke zumeist Radio und Plattenspieler, hochwertigere Modelle beherbergten gern auch noch ein integriertes Fernsehgerät. Meist waren auch die Lautsprecher fest im Phonoschrank verbaut. Einige Modelle glänzen mit der unauffällig dezenten Art der Unterbringung der Phonogeräte, andere wiederum zeigen ganz offen, welchen Zweck sie zu erfüllen hatten.
Trotz der vielen ins Land gegangenen Jahrzehnte funktioniert so mancher Phonoschrank noch heute und ist deshalb für viele auch mehr als nur ein sperriger Musikschrank. Für echte Blickpunkte selbst in modern eingerichteten Räumen ist der altehrwürdige Phonoschrank immer gut.
Tolle Technik – die Musikbox
Eine etwas andere Form des Phonoschranks ist die Musikbox. Ihren weltweiten Siegeszug traten die unterschiedlichen Modelle mit oder ohne Münzeinwurf in den 1960er-Jahren an. Von dezent bis auffällig bunt reicht hier eine breite Modellpalette. Platten einlegen, Münze einwerfen,Taste für den Wunschtitel drücken und schon beginnt der Musikgenuss aus einer Zeit, in der das Schwarz-Weiss-Fernsehen genauso Standard war wie die Schallplatte.
Die Renaissance der Spielautomaten
Nicht nur bei Sammlern und jungen Leuten sind Spielautomaten auch häufig in der Wohnumgebung anzutreffen. Ob in der Küche, im Wohnzimmer, im Jugendzimmer oder im Partykeller – viele Spielautomaten erleben nach ihrem gewerblichen Einsatz ihre Renaissance als eigenwilliges Möbelstück.
Nicht selten funktionieren die alten Stücke auch noch und bieten immer wieder einmal ein wenig Spiel, Spass und Spannung mit kreisenden Rädern, rotierenden Walzen oder als klassischer Einarmiger Bandit. Zu gewinnen ist hier allerdings nichts mehr, da man den Spielautomaten zu Hause eben doch selbst füttern muss.
Für Tierfreunde – Aquarium oder Terrarium
Auch das grosse Aquarium oder Terrarium wird von vielen Zeitgenossen regelrecht als Möbelstück verstanden. Besonders dann, wenn der transparente Lebensbereich für Zierfische oder Reptilien direkt auf einem passenden Unterschrank steht, liegt diese Wahrnehmung von der Realität auch gar nicht so weit weg. Mit Aquarien und Terrarien lassen sich nicht nur die meist stummen Hausfreunde artgerecht halten, auch als Gestaltungselement spielen solche „Scheinmöbel“ in vielen Haushalten eine wichtige Rolle.
Kennen Sie die grossen amerikanischen Kühlschranke mit den runden Ecken und grossen Bügelgriffen? Diese Kühlgeräte prägen irgendwie auch in der Schweiz das Bild vom amerikanischen Haushalt, zumindest seitdem es Kühlschränke gibt. Oftmals in auffällig bunten Farben gehören diese ausladenden, meist wenig effizienten Kühlschränke in vielen Wohnungen zu echten Designobjekten. Dabei passen die wuchtigen Kühlgeräte doch gar nicht in eine moderne Küchenzeile.
Als eigenständige Möbel verstanden müssen sie das auch gar nicht. Meist wird der amerikanische Kühlschrank als Solitär und damit auch als Designobjekt aufgestellt. Manche Modelle funktionieren auch gar nicht mehr und dienen dann eben als exklusiver Schrank für dieses und jenes. Trennen will sich von den alten Schätzchen kaum jemand. Irgendwie sind es eben die Strassenkreuzer der amerikanischen Kühltechnik. Vom Betrieb kann aufgrund der horrenden Stromkosten bei relativ überschaubarer Kühlleistung ohnehin abgesehen werden.
Wer dennoch auf diese Kühlgeräte im typischen Design steht, bekommt solche auch als moderne Geräte im klassischen Gewand.
Und so entdecken wir in den Schweizer Wohnungen immer mehr „Möbel“, die eigentlich gar keine sind. Kennen Sie noch mehr solcher Beispiele? Dann freuen wir uns über Ihren Eintrag im Kommentarfeld.
Oberstes Bild: © Elina Leonova – shutterstock.com